Schulstraße 6, 09577 Niederwiesa

„Integriert euch, benehmt euch, lernt die Sprache, aber vergesst eure Wurzeln nicht“

Nach Worten ringen müssen sie selten. Auch wenn es Robert und Artem Harutyunyan stets wichtiger war und ist, Leistung für sich sprechen zu lassen, halten sie Sprache für den Schlüssel zu vielem und sind um passende Antworten grundsätzlich nie verlegen. Aber auf die Frage, was an ihnen typisch armenisch sei, müssen die Brüder doch lange überlegen. Schließlich einigen sie sich auf die Herzlichkeit beim Empfang von Gästen. „In Armenien gilt noch der Grundsatz ‚meins ist deins‘. Die Schere zwischen Arm und Reich ist dort deutlich größer, aber selbst die Ärmsten teilen mit ihrem Besuch, was sie haben. Daran versuchen wir uns ein Beispiel zu nehmen“, sagt Robert, und Artem nickt zustimmend. 

Die Frage nach dem, was sie mit ihrem Geburtsland verbindet, ist deshalb so interessant, weil sich ohne Überlegen einige Eigenschaften aufzählen lassen, die sie stereotypisch zu Deutschen machen. Sie sind Disziplinfanatiker, vertrauen auf Recht und Ordnung, und wer sich um 11.00 Uhr mit ihnen in einem Café verabredet, kann davon ausgehen, fünf Minuten vor der Zeit eine Nachricht mit dem Hinweis zu erhalten, dass sie bereits in der Lokalität Platz genommen haben. Robert und Artem Harutyunan, das kann man ohne Pathos oder Übertreibung sagen, sind Musterbeispiele für eine gelungene Integration. Und weil sie den allerwichtigsten Teil davon im Boxen geschafft haben, sind die Hamburger Jungs die bestmöglichen Gesprächspartner, um im Rahmen des Diversity-Monats über das Thema Integration durch Sport zu reden.

1991 kamen die Brüder aus Armenien nach Deutschland

Robert (35) und sein ein Jahr jüngerer Bruder waren Kleinkinder, als sie 1991 mit ihren Eltern aus den armenischen Kriegswirren nach Deutschland kamen. In ein fremdes Land mit einer fremden Kultur, dessen Sprache sie nicht beherrschten. „Aber unsere Eltern hatten eine klare Vision. Sie wollten sich in diesem Land integrieren und ihren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen. Mein Vater hat sich geweigert, Geld vom deutschen Staat anzunehmen. Er wollte auf eigenen Beinen stehen und hat uns das ebenfalls gelehrt“, sagt Artem. Dazu gehörte, dass die Eltern die beiden Söhne anwiesen, überall Deutsch zu sprechen. „Sprache ist der Schlüssel zu allem, das sagen wir auch allen Menschen, die in diesen Zeiten als Geflüchtete nach Deutschland kommen“, sagt Robert. 

Für die Brüder wurde der TH Eilbeck, in dem sie ihre ersten Erfahrungen im Boxen machten, zu einer zweiten Familie. „Im Sport haben wir die Werte gelernt, die uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind“, sagt Artem, der 2016 in Rio de Janeiro die olympische Bronzemedaille im Halbweltergewicht gewinnen konnte, danach ins Profilager wechselte und nach der Trennung von seinem Hamburger Promoter Universum nun in Eigenregie versucht, eine weitere WM-Chance zu erkämpfen. Robert, der seine aktive Karriere vor fünf Jahren beendete, unterstützt seinen Bruder als Manager, arbeitet zudem als selbstständiger Trainer. Auch wenn sie mittlerweile beide verheiratet sind und Nachwuchs haben, gibt es die Harutyunyans geschäftlich weiterhin nur im Doppelpack. Gemeinsam waren sie immer schon stärker, und diese Kraft war notwendig, um auch die Täler zu durchschreiten, die das Thema Integration mit sich bringt.

Event-Inklusionsmanager*in im Sport: Jenifer Sprenger

Ein bisschen gleicht der Weg von Jenifer Sprenger der Geschichte eines Pinguins, von der TV-Moderator Eckhart von Hirschhausen mal erzählte. Einem Pinguin, der sich an Land nicht immer wohl fühlt und von anderen manchmal sogar unterschätzt wird. Doch taucht der Pinguin ins Meer, verwandelt er sich in einen hervorragenden Schwimmer: elegant, flink, ganz in seinem Element. Als Jenifer Sprenger ihre Arbeit als Event-Inklusionsmanagerin (EVI) bei Special Olympics Deutschland (SOD) begann, erging es ihr wohl wie dem Pinguin.

Den entscheidenden Wendepunkt habe das SOD-Projekt LIVE (Lokal Inklusiv Verein(tes) Engagement) gegeben. In dessen Rahmen ließ sich Sprenger, genauso wie bundesweit 170 Menschen mit geistiger Behinderung, zur sogenannte Teilhabeberaterin ausbilden. Sie wurde darin geschult, inklusive Prozesse für inklusivere Sportangebote und Zugänge in Sportvereine anzuregen, dabei zu beraten und mitzugestalten. So wurde sie auch auf das EVI-Projekt aufmerksam.

DOSB-Präsident Weikert würdigt Friedhelm Julius Beucher

Der Applaus wollte kaum abebben. Zum Ende eines denkwürdigen Verbandstags des Deutschen Behindertensport-Verbands (DBS) am Samstag im Hotel Scandic in Berlin erhoben sich all jene der rund 100 Delegierten, denen es möglich war, um Friedhelm Julius Beucher ihren Respekt zu zollen. Nach 16 Jahren Amtszeit als Präsident war der 78-Jährige nicht mehr zur Wiederwahl angetreten und für seine außerordentlichen Verdienste einstimmig zum Ehrenpräsidenten ernannt worden. "Wir haben gemeinsam schon sehr viel erreicht, aber auch noch richtig viel zu tun. Danke, lieber Friedhelm, für alles, was du für uns getan hast. Du hast es immer krachen lassen, egal ob mit Fahne und Kuhglocke an der Wettkampfstrecke, bei der Feier danach oder bei der Unterstützung durch Politik und Wirtschaft, die du maßgeblich vorangetrieben hast“, sagte Verena Bentele, Vizepräsidentin des DOSB und zwölfmalige Paralympicssiegerin im Skilanglauf und Biathlon, in ihrer Laudatio.