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Der erste Schritt auf dem langen Weg nach Los Angeles

Der Blick auf das, was passiert ist in den vergangenen zwei Jahren, lässt Kyra Fischer und Benjamin Klever noch immer manchmal staunen. Die beiden 35-Jährigen gehören als Teamkapitäne der beiden deutschen Flag-Football-Nationalmannschaften zu den Pionieren ihres Sports in Deutschland. Aber die Geschwindigkeit, mit der sich die tackle-freie und damit deutlich risikoärmere, aber nicht weniger actionreiche Variante des US-Nationalsports entwickelt, seit sie im Oktober 2023 ins Programm der Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles aufgenommen wurde, beeindruckt die beiden weiterhin. „Flag Football wächst mit Riesenschritten. Überall in Deutschland gibt es neue Teams, in den Landesverbänden tut sich viel“, sagt Benny Klever. „Es ist schön zu sehen, welche Aufmerksamkeit unser Sport erfährt. Der Boom, den es um American Football gibt, strahlt auf uns ab, und die Inklusion ins Programm für Los Angeles hat das verstärkt“, sagt Kyra Fischer.

Die Europameisterschaften in der Variante Fünf gegen Fünf, die an diesem Donnerstag in Paris starten, dürften in puncto öffentlicher Aufmerksamkeit deshalb einen neuen Maßstab setzen. 43 Teams - 24 bei den Männern, 19 bei den Frauen - gehen in Frankreichs Hauptstadt an den Start. Ihr Ziel ist nicht nur der Titelgewinn, sondern auch die Qualifikation für die WM 2026, bei der die ersten Plätze für das Starterfeld der olympischen Premiere vergeben werden. Das Gute ist: Die deutschen Teams haben ihre Startberechtigung für das Weltturnier sicher, denn es wird vom 13. bis 16. August in Düsseldorf ausgetragen. „Für uns ist das natürlich eine komfortable Ausgangslage“, sagt Benny Klever, „trotzdem wollen wir sportlich das Optimum herausholen, und das kann für uns nur lauten, unseren Titel erfolgreich zu verteidigen.“

Vor zwei Jahren hatten die deutschen Männer in Limerick (Irland) EM-Gold gewonnen. Seitdem ist jedoch einiges passiert. Bei der WM 2024 gab es mit Rang zwölf eine herbe sportliche Enttäuschung. Anschließend formierten sich Mannschaft und Trainerstab neu. Der Mexikaner Said Salazar Déciga übernahm im Januar dieses Jahres die Position des zurückgetretenen Headcoaches Florian Berrenberg. Außerdem sind fünf Spieler aus dem Zwölferkader für die EM noch nie bei einem internationalen Großereignis für die Auswahl des American Football Verbands Deutschland (AFVD) aufgelaufen. „Das ist schon ein ziemlicher Umbruch. Aber wir haben eine gute Vorbereitung gehabt und sind zuversichtlich, dass wir um den Titel mitspielen können“, sagt Benny Klever.

Von der Idee zur Praxis: Projekte im Fokus beim Gallery Walk

Beim Fachforum „Integration durch Sport“ 2025 hieß es nicht nur zuhören und diskutieren - im Rahmen eines Gallery Walks wurden innovative Projekte und Partner*innen sichtbar, die tagtäglich Integration, Vielfalt und Teilhabe im Sport leben.
Die Teilnehmenden der Veranstaltungen hatten Gelegenheit, an den einzelnen Projekt-Stationen ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und sich Anregungen für die eigene Arbeit mitzunehmen. Damit die Ideen nicht nur vor Ort wirken, sondern auch danach präsent bleiben, stellen wir einige Projekte hier im Überblick vor.

Willkommen im Radsport - Gemeinsam in die Pedale treten 

„Willkommen im Radsport“ steht für Vielfalt, Teilhabe und Gemeinschaft. Das Projekt von German Cycling bringt Menschen unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht oder Erfahrung zusammen - und geht dabei über bloße Teilnahme hinaus. In den letzten Jahren wurden über 60 Vereine begleitet, mehr als 1.000 Engagierte geschult und das Kids-Rad-Diplom als inklusives Angebot entwickelt.
Besondere Erfolge: Trainer*innen als Schlüssel zur Integration, Vorbilder für Kinder mit Fluchterfahrung und barrierefreie Materialien in einfacher Sprache. Ziel ist es, Hürden abzubauen und gemeinsam in die Pedale zu treten.

Fit und verbunden gegen Einsamkeit 

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere jene mit Fluchterfahrung, erleben in Deutschland deutlich häufiger Gefühle der Einsamkeit als der Rest der Bevölkerung. Sportvereine schaffen niedrigschwellige Gelegenheiten und Kontakte auf Augenhöhe, die das gemeinsame Erleben im Sport in den Fokus rücken, sodass Unterschiede in Herkunft oder Sprachkenntnissen überbrückt werden. Sie werden als Orte wahrgenommen, die Einsamkeit vermindern.
Im Projekt „Fit und verbunden gegen Einsamkeit“ (FIVE) setzt der DOSB auf eine noch stärkere Vernetzung und Zusammenarbeit des Sports mit lokalen Akteuren, die mit Menschen mit erhöhten Einsamkeitsbelastungen im vertrauensvollen direkten Kontakt stehen: In sechs Modellregionen bundesweit entstehen lokale Allianzen zur Vorbeugung und Linderung von Einsamkeit aus Sportvereinen, Migrant*innenselbstorganisationen, kommunalen Verwaltungen, Mehrgenerationenhäusern und weiteren Partner*innen. Deren Ziel ist es, vor Ort Bedarfe zu identifizieren und gemeinsam passgenaue (Bewegungs-)Angebote zu entwickeln.

Flucht und Behinderung - Frauen entlasten, Teilhabe stärken

Seit 2022 unterstützt der Landessportverband für das Saarland mit dem Projekt „Flucht und Behinderung“ Frauen mit Fluchterfahrung, die Angehörige mit Behinderung pflegen. Ihre Lebenssituation ist oft geprägt von Überlastung, Sprachbarrieren und fehlendem Zugang zu Hilfsangeboten. Herzstück des Projekts sind sogenannte Erzählcafés: geschützte Räume für Austausch, Beratung, Bewegung und psychosoziale Entlastung. Ergänzt wird das Angebot durch pflegespezifische Sprachförderung, aufsuchende Beratung und erste Schritte in den Sport. Ziel ist es, Isolation zu verhindern, Selbstwirksamkeit zu stärken und konkrete Hilfen im Alltag zu bieten.

Bewegungslandkarte - Sportangebote finden leicht gemacht

Die Bewegungslandkarte (BeLa) des DOSB ist die bundesweite Online-Suchplattform für Sport- und Bewegungsangebote von Vereinen und Verbänden. Nutzer*innen finden wohnortnah Kurse, Trainingszeiten und Events - gefiltert nach Ort, Datum, Sportart, Zielgruppe, Niveau und Barrierefreiheit. Vereine präsentieren ihre Angebote kostenlos, aktualisieren Zeiten und Kontaktinfos und gewinnen so neue Mitglieder. Die Karte vernetzt Kommunen, Schulen und Initiativen und macht Bewegung sichtbar - transparent, aktuell und verlässlich. Einfach suchen, auswählen, teilnehmen - für mehr Bewegung im Alltag.

Mittendrin in Sport und Gesellschaft - Migrantenorganisationen stärken

Der Landessportbund Sachsen-Anhalt e.V. unterstützt mit dem Projekt „Mittendrin in Sport und Gesellschaft“ gezielt Migrant*innenorganisationen, die sportliche Angebote für ihre Community aufbauen möchten. Der LSB hilft dabei, eigene Sportangebote zu starten und Kooperationen zu Sportvereinen zu initiieren. Durch Qualifizierungsangebote sollen Menschen mit Migrationshintergrund die Sportlandschaft als Übungsleiter*innen und Trainer*innen aktiv mitgestalten. Ziel ist es, den Sport als Brücke für Teilhabe, Begegnung und Gemeinschaft zu nutzen. Das Projekt richtet sich insbesondere an Frauen und Mädchen mit Migrationsgeschichte und an Migrant*innenorganisationen in vorwiegend ländlichen Räumen.

Salto Vielfalt - Diversität und Anti-Diskriminierung im DTB

Das Projekt „SALTO VIELFALT“ des Deutschen Turner-Bunds (DTB) umfasst Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zu Diversität und Anti-Diskriminierung. Beim Internationalen Deutschen Turnfest 2025 in Leipzig - mit rund 80.000 Teilnehmenden das weltweit größte Wettkampf- und Breitensportevent - gab es eine Podiumsdiskussion mit Expert*innen aus Wissenschaft, Projektarbeit und Verbandspolitik, interaktive Abfragen zu Diskriminierungserfahrungen sowie Expert*innenstunden zu Queerness und Antirassismus im Sport. In der zweiten Jahreshälfte entsteht ein Bildungstool in Zusammenarbeit mit dem DTB-Projektbeirat Diversität, das Übungsleitenden, Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen hilft, Diversität zu fördern und Diskriminierung zu erkennen und entgegenzuwirken.

Intermis – Stimme migrantisch geprägter Sportvereine

Intermis ist der bundesweite Verband migrantisch geprägter Sportvereine. Sie vertreten Sportvereine, die in besonderer Weise von Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte getragen werden - sportlich, organisatorisch und strukturell. Das Ziel ist es, diese Sportvereine als festen Bestandteil der organisierten Sportlandschaft sichtbar zu machen, ihre Perspektiven in Entscheidungsprozesse einzubringen und ihre Teilhabe auf allen Ebenen zu stärken. Intermis versteht sich als Brückenbauer und Kooperationspartner mit dem klaren Fokus, bestehende Strukturen gemeinsam mit den Sportverbänden weiterzuentwickeln - für einen offenen, vielfältigen und zukunftsfähigen Sport.

Diese Vielfalt an Projekten zeigt, wie breit der Gedanke von Integration und Teilhabe im Sport wirkt - von der lokalen Initiative bis zum bundesweiten Verband. Sie alle eint das Ziel: Sport als Brücke für Begegnung und eine offene Gesellschaft

„Mein Job ist es, anderen Menschen das Feld zu bereiten“

Im Dezember 2021 wurde André Henning als Bundestrainer der deutschen Hockeyherren vorgestellt. 37 Jahre war er damals erst alt, hatte aber schon 14 Jahre Erfahrung als Chefcoach gesammelt. Innerhalb von vier Jahren holte der gebürtige Velberter mit seinem Team EM- und WM-Gold sowie die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Anlässlich des Global Coaches Day an diesem Donnerstag (25. September) spricht der studierte Jurist über die Herausforderungen, denen sich Trainer*innen im deutschen Leistungssportsystem stellen müssen - und darüber, warum er trotzdem seinen Traumjob gefunden hat.

DOSB: André, unter dem Hashtag #ThanksCoachDay können am Global Coaches Day Danksagungen an Trainer*innen versendet werden. Was ist der schönste Dank, den du bekommen kannst?

André Henning: Solche Tage sind für mich eher Show, für ehrliche Wertschätzung braucht es sicherlich mehr als Hashtags. Den schönsten Dank erhalte ich in internen Feedbackrunden. Zuletzt hat dort ein langgedienter Nationalspieler gesagt, er sei sehr glücklich, dass er noch ein paar Jahre bei uns weitergemacht hat. Gar nicht wegen der Erfolge, sondern weil er sich in unserem Kreis so wohl, wertgeschätzt und sicher fühlt. Genau das ist die Atmosphäre, die mein Staff und ich schaffen wollen, damit die Spieler so leistungsorientiert wie möglich arbeiten können und dabei mental und physisch gesund bleiben. So ein Lob bedeutet mir sehr viel.

Du hast deine eigene, durchaus vielversprechende Spielerkarriere früh wegen eines Kreuzbandrisses beenden müssen. Was hat damals den Ausschlag dafür gegeben, dass du als 23-Jähriger das Amt des Cheftrainers beim Bundesligisten Uhlenhorst Mülheim übernommen hast?

Die Menschen im Verein, die mich gebeten und letztlich überredet haben, in einer Notsituation zu helfen. Ich wollte eigentlich Jurist werden, Cheftrainer im Leistungssport kam in meiner Lebensplanung nicht vor. Aber ich wollte die Jungs nicht hängen lassen, und so habe ich damals den Sprung auf die Bundesliga-Trainerbank gewagt.

Eine Entscheidung, die mit Blick auf deinen Erfolgsweg nicht die schlechteste war. Dass du Bundestrainer werden würdest, haben viele schon früh geahnt. Wann hattest du erstmals das Gefühl, dass dieser Schritt kommen würde?

Ich bin grundsätzlich kein Mensch, der zu weit in die Zukunft plant. Bevor ich die Nachfolge von Kais al Saadi übernahm, hatte es schon mehrfach die Gelegenheit gegeben. Aber erst damals spürte ich, dass die Zeit dafür reif war. Ich kannte viele der Spieler aus meinen Stationen in der Bundesliga oder von den U-Nationalteams und wusste, dass mit dem Team etwas gehen kann und dass diese Spieler es verdienen würden, dass ich mich voll für sie reinhänge. Ich bin sehr froh und dankbar, dass mir der Deutsche Hockey-Bund diese Chance gegeben hat.

Die erfolgsverwöhnten deutschen Herren hatten seit 2013 keinen Titel gewonnen. Seit du da bist, sind sie Welt- und Europameister geworden und haben Olympiasilber geholt. Was bedeutet dir das?

Auch wenn es ein wenig pathetisch klingen mag: Persönlich bedeuten mir die Erfolge fast gar nichts, ich mache mir wenig aus Titeln, kann mit dem Begriff Weltmeistertrainer nichts anfangen. Aber wenn ich sehe, was es den Jungs bedeutet, diese Titel zu gewinnen, und auch dem Verband und unserem Umfeld, dann macht es mich glücklich und treibt mich an, weiterhin erfolgreich zu sein. Diese positiven Emotionen haben natürlich auch mich tief berührt.

Worin, wenn nicht in Titeln, misst du denn deinen persönlichen Erfolg?

Mir ist schon bewusst, dass wir in einer Leistungsgesellschaft leben und dass die Leistung eines Trainers auch in Titeln gemessen wird. Aber mir kommt der Faktor, dass Menschen ihr Glück finden in dem, was sie tun, oft zu kurz. Für mich steht also im Vordergrund, dass sich die Menschen, die ich führen darf, wohlfühlen und ich dabei mithelfen kann, ihnen ein Umfeld zu schaffen, in dem sie ihre Leistung optimal abrufen können, denn nur dann ist maximaler Erfolg möglich. Die Titel, die wir mit dem Herren-Nationalteam gewonnen haben, sind das Ergebnis des Teamgeists und der Art des Miteinanders, das wir pflegen. Deshalb messe ich meinen Erfolg an erster Stelle daran, ob es uns gelingt, dieses Umfeld zu schaffen.

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